"Mein erstes Jahr als Fremdsprachenlehrerin" - unsere Praktikantin Selina lässt uns in ihren Alltag blicken und zieht Bilanz nach einem Jahr an der Schule.
Selina Pignitter, die von Juni bis September ein Praktikum bei uns am ÖSZ gemacht hat und seit einem Jahr Englisch und Französisch unterrichtet, gibt einen Einblick in ihre Erfahrungen als junge Fremdsprachenlehrerin und erzählt, welche Eindrücke sie am ÖSZ gewonnen hat.
Mein erstes Unterrichtsjahr als Lehrerin an einem renommierten Grazer Gymnasium hat mir viele Einblicke in das Lehrer:innendasein beschert und mir einmal mehr bestätigt, die richtige Berufswahl für mich getroffen zu haben. Außerdem ist mir die Bedeutung einer gut funktionierenden, kollegialen Zusammenarbeit bewusst geworden, die mir - gerade in meinem ersten Unterrichtsjahr - sehr geholfen hat und es mir erlaubt hat, mich von Anfang an in das Team dieses Gymnasiums einzugliedern. Den Fremdsprachenunterricht betreffend konnte ich dabei bereits bestehende Ansichten und Meinungen bestätigt sehen, andererseits habe ich aber auch einige wirklich interessante neue Einblicke bekommen. Beispielsweise habe ich erneut erfahren, wie wichtig ein kommunikativer Ansatz in meinen Fächern Englisch und Französisch ist, und dass Schülerinnen und Schüler am besten sprachliches Wissen aufnehmen, wenn man mit ihnen überwiegend in der Zielsprache kommuniziert.
Das wurde vor allem in einer Klasse im ersten Lernjahr deutlich, die ich letztes Jahr in Französisch unterrichten durfte und in der ich meistens in der Zielsprache gesprochen habe. IIch war einige Male selbst erstaunt, als ich beispielsweise einer Schülerin in normaler Geschwindigkeit auf Französisch eine Frage stellte und ich davon ausgegangen wäre, sie würde mir auf Deutsch antworten – doch weit gefehlt, die Antwort kam auf Französisch, und das in keiner schlechten Qualität.
Weiters habe ich die Schüler:innen immer wieder kleine Szenen zum aktuellen Unterrichtsthema aufschreiben und dann vor der Klasse vorspielen lassen. Obwohl sie anfangs befürchteten, dass diese Aufgabe zu schwierig für sie sei, konnte ich sie motivieren, es einmal auszuprobieren mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass Fehler in diesem Lernstadium erlaubt seien und praktische Übung gepaart mit Versuch und Irrtum durchaus zielführend beim Spracherwerb sein können. Nachdem das gut funktioniert hat, wurden sie immer motivierter und auch mutiger, kleine Dialoge und Szenen vorzubereiten und allgemein auf Französisch zu sprechen.
Genau diese Erfahrungen und viele mehr haben bestätigt, dass die kommunikative Komponente beim Fremdsprachenunterricht tatsächlich eine der bedeutsamsten ist. Außerdem führt diese Art des Unterrichtens auch auf dem direktesten Weg zum eigentlichen Ziel des Fremdsprachenunterrichts: nämlich dass die Schüler:innen die Sprache anwenden können und dass ihnen ihre Sprachkenntnisse in ihrem jetzigen und zukünftigen Leben viele Vorteile bringen, indem sie ihnen die direkte und mühelose Kommunikation mit Menschen aus verschiedenen Ländern der Welt ermöglichen.
Eine weitere überaus interessante Erfahrung, die sowohl mein Praktikum am ÖSZ als auch meine Unterrichtstätigkeit betrifft, war die Teilnahme an einer Arbeitsguppensitzung am ÖSZ, bei der viele Schulbuchautor:innen zugegen waren, die jene Schulbücher verfasst hatten, mit denen wir tagtäglich im Unterricht arbeiten. Durch die Teilnahme an dieser Sitzung wurde mir einerseits bewusst, wie genau und didaktisch durchdacht gewisse Übungsbeispiele erstellt werden, und andererseits habe ich mehr über die Kriterien erfahren, nach denen gewisse Items erstellt werden. Das Wissen über die Erstellung von Aufgabenbeispielen, die zur Übung des Formate der Standardisierten Reifeprüfung verwendet werden können, hat mir in weiterer Folge sehr bei der Erstellung von Übungsbeispielen für meine Schüler:innen geholfen und wird mir auch in Zukunft ein hilfreiches Werkzeug sein, da ich begriffen habe, dass alle Items unter der Prämisse eines bestimmten Lernziels erstellt werden und beispielsweise welche Items für welches Sprachlevel geeignet sind.
Außerdem fand ich es wirklich beeindruckend und bemerkenswert am ÖSZ zu sehen, wie viele Personen und Überlegungen in die Erstellung jedes einzelnen Items einfließen und wie lange die Erstellung eines sorgfältig durchdachten Beispiels mit standardisiertem Format dauert. Durch diese Erfahrung ist es für mich nachvollziehbarer geworden, warum es oft nicht so leicht ist, viele frei zugängliche Beispiele zu finden, da bereits die Erstellung eines einzigen sorgfältig durchdachten und lernzielgerechten Beispiels enormen Aufwand erfordert und nicht zuletzt dadurch auch extrem zeitintensiv ist.
Alles in allem konnte ich in diesem ersten Unterrichtsjahr viel Neues lernen und vor allem konnte ich erneut entdecken und bestätigt bekommen, wie viel Freude mir die Vermittlung von Fremdsprachen bereitet. Diese Erfahrungen in Verbindung mit meinem überaus interessanten Praktikum am ÖSZ waren für meine fachlichen und didaktischen Kenntnisse sehr bereichernd und werden mich auf meinem zukünftigen Berufsweg stets begleiten und mir eine wertvolle Hilfe sein.